Vom Ei zum Küken





Erleichterung bei den "Laisbachzwergen". Am Ende des Projektes "Vom Ei zum Küken" haben 25 Hühnerküken im Kindergarten Schwickartshausen das Licht der Welt erblickt.


Wie alles begann

Im März dieses Jahres lud die Stadt Nidda alle Kindergarten-Eltern zu einem Vortrag in das Bürgerhaus ein. Dort wurden sie über die pädagogischen Neuheiten der letzten Jahre aufgeklärt. Außerdem stellten einige Kindergärten der Großgemeinde ihre Projekte vor.

Wenn Mütter schon mal das Haus verlassen, dann geht's nicht nur zum Vortrag. Also anschließend zum kleinen Imbiss in die Gänsweid. Angestachelt von dem eben gehörten, wurde über ein Projekt für die Laisbachzwerge nachgedacht. Schon eine Cola später war das Abenteuer "Vom Ei zum Küken" in Planung.

Kurz darauf, beim Flohmarkt des Kindergartens, wurden die Erzieherinnen in den Plan eingeweiht. Zum Glück zeigten sich auch diese nicht abgeneigt.

Der beste Monat zum Brüten ist April. Doch der war mit dem Projekt "Spielzeugfreier Kindergarten" belegt. Kurzes Hin und Her und Besprechung: Dann werden es halt Mai-Küken.

Die Sache wurde in Angriff genommen.

Was man braucht


1. Brutmaschine

Der Opa von Sara Wagner ist ein eingefleischter Hühnerzüchter. Kommt der Frühling, kommen auch bald die jungen Hühner. Seit Jahrzehnten füllen Herr Welcker und seine Zuchtfreunde im Frühjahr die Brutmaschinen. Was ein richtiger Züchter ist, der hat natürlich eine richtige Maschine, besser gesagt einen Brutschrank. Da liegen ganz viele Eier bequem auf Rollen, manche mit automatischer und manche mit halbautomatischer Wendung, und werden auch noch automatisch belüftet.

Doch jeder Züchter hat mal klein angefangen. Auch der Opa von Sara. Er hat noch ein sogenanntes Brutkissen, ca. 20 Jahre alt. Das lieh er dem Kindergarten gerne. Natürlich ohne automatische Wendung (weder halb noch ganz). Gelüftet wird es durch die Löcher im Styropor, also irgendwie schon automatisch.

2. Eier

Gibt es doch in jedem Supermarkt. Stimmt, nutzt beim Brüten aber nichts.
Dort wo die Sonntags-Frühstücks-Eier herkommen, gibt es oftmals nur Hühner. Oder viele Hühner und wenige Hähne. Denn die Hähne braucht's zum Eierlegen nicht. Aber wie bei uns Menschen, braucht es für Hühner-Kinder eine Mama und einen Papa.
Darum haben wir, als wir die Brutmaschine beim Züchter geholt haben, auch gleich Eier von dort mitgenommen.

Die Hühner und die Hähne laufen das ganze Jahr mehr oder weniger frei herum. Doch bevor die Zeit des Eiersammelns für die Brutmaschinen beginnt, ist alles anders. Jeweils ein Hahn bekommt vier Hühner zugewiesen und wird mit ihnen in einen Stall gesetzt. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Eier befruchtet sind enorm.
Übrigens:
Warum legen Hühner fast das ganze Jahr Eier? Sogar wenn kein Hahn in der Nähe ist?
Das Huhn an sich will immer brüten. Dazu braucht es einige Eier (Sagen wir mal drei.). Jetzt legt es so lange Eier bis sein Nest voll ist, und es mit der Brut beginnen kann. Da wir Menschen ihm die Eier wegnehmen, wird das Nest nicht voll. Und das arme Huhn legt wieder ein Ei, damit das Nest sich füllt.
(Das ist natürlich nur eine vereinfachte Erklärung. Für mehr ist hier nicht Platz.)

3. Wo soll das Gerät stehen?

Um beste Brutergebnisse zu erzielen, sollte die Raumtemperatur ziemlich gleichmäßig sein und zwischen 15° und 20°C liegen. Klingt nicht so schwierig.

Auch sollte das Gerät gut gegen Erschütterungen und Bewegungen abgesichert sein. Das ist für einen Kindergarten eine echte Herausforderung.

Die Erzieherinnen schlugen den alten Waschraum neben dem Heizungsraum als Brutstätte vor. Ein sehr guter Platz. Hier droht kein direkter Sonnenschein, der den Raum aufheizen kann. Außerdem wurde der Raum mit einem neuen Schloss abschließbar und somit kindersicher gemacht.

4. Fleißige Helfer zum Eier-Wenden

Wenn ein Huhn seine Eier ausbrütet, wendet es mit seinen Füßen die Eier, damit die Küken im Ei nicht an der Schale festkleben und absterben.

Leider haben wir kein Huhn. Lediglich die kleine Brutmaschine. Und die hat auch keine automatische Wende-Vorrichtung. Darum muss man vom 3. bis zum 17. Tag die Eier dreimal täglich von Hand wenden.

Die fleißigen Helfer für die manuelle Wendung waren schnell gefunden. Schließlich war das ein Kindergarten-Projekt. Und das war doch eine Aufgabe, die selbst die kleineren Kinder schon übernehmen konnten. Das Problem war eher, nicht zu viele kleine Wender mit in den Brutraum zu nehmen.


Täglich wurden neue freiwillige Helfer gesucht. Jeden Morgen und jeden Mittag wurden die Eier unter Anleitung gedreht. Abends und am Wochenende waren dann die Mütter dran. Auf den Bildern sieht man Valtentina und die Kinder beim Einlegen der Eier.

5. Erzieherinnen mit Elan

Hier nochmals vielen Dank an den Kindergarten. Es war sicherlich keine einfache Zeit für die Erzieherinnen. Als gäbe es an normalen Tagen nicht schon genug zu tun, musste sich nun auch noch um das Eier-Drehen und die richtige Temperatur der Maschine gekümmert werden.

In den letzten drei Wochen war man auch nach Feierabend (selbst in der Nacht) noch mit den Gedanken bei den Eiern. Das Kükenprojekt konnte man zuhause nicht einfach zur Seite schieben. Allerdings kamen so auch wertvolle Tipps aus familiären Reihen. Besonders der Rat mit den Kreuzen und Kreisen war eine super Idee.

6. Mithelfende Eltern

Wie schon erwähnt, müssen die Eier mehrmals täglich gewendet werden. Auch wenn der Kindergarten zu ist. Auch am Wochenende und an Feiertagen. Wir haben vorher einen Plan erstellt, wann welche Mutter in den Kindergarten fährt. Das hat nicht nur die Arbeit geteilt. So haben wenigstens mehrere Mütter und eine Erzieherin die Verantwortung zusammen getragen. Falls es keine Küken geben sollte, lag es nicht an einem allein.

Vielen, vielen Dank an alle.

7. Wirklich gute Nerven

Nach dem Einlegen der Bruteier muss das Gerät die ersten zwei Tage geschlossen bleiben. Während dieser Zeit also nicht wenden. Erst ab dem dritten Tag mit dem Wenden der Eier beginnen.

Freitags haben wir die Eier eingelegt. Also wäre erst mal frei. Glück für die Mamas.

Soweit die Theorie. Am Freitag-Abend eine kurze Kontrollfahrt nach Schwickartshausen. Man weiß ja nie. Die Temperatur (sollte 37,8°C) stimmt nicht für fünf Cent. Also vorsichtig am Regler drehen, und abwarten was passiert. Nach ca. einer viertel Stunde sieht man Ergebnisse. Temperatur ist immer noch viel zu niedrig. Also noch mal am Regler drehen und abwarten. Nach einer viertel Stunde ist die Temperatur noch immer zu niedrig. Also noch mal am Regler drehen und ... Nach knapp über zwei Stunden den Kindergarten verlassen. Die Temperatur stimmt. Nachts vom Thermometer träumen und morgens schnell nach Schwickartshausen fahren und gucken. Die Nerven liegen blank, die Temperatur stimmt.

Am Montag ein aufgeregter Anruf von einer Erzieherin. Das Thermometer zeigt 34°C (sollte 37,8°C). Sie soll den Regler hochdrehen. Erneuter Anruf. Die Temperatur stimmt noch immer nicht. Sie soll den Regler nochmals hochdrehen. Anruf. Temperatur will nicht steigen. Wir fahren hin. Der Fühler vom Thermometer ist vom Ei gefallen. Fühler wieder rauf. Thermometer steigt auf 39°C.
Diese Aufregung hat sehr viele Nerven gekostet. Den Eiern hat es gar nichts ausgemacht.

Am 11. Bruttag haben wir die Eier durchleuchtet (geschiert). Montags, gleich nach dem Wald, ging's los.
Eier raus aus der Brutmaschine in einen vorgewärmten Korb und ab in den zukünftigen Snoezelenraum. Der Raum war, dank Rollladen, stockdunkel und wir konnten mit dem Durchleuchten beginnen. Die Nerven der Mamas sind angespannt. Die Kinder nehmen's gelassen. Was, wenn gleich alle Eier "leer" sind? Kurz darauf Entspannung: 3 Eier sind unbefruchtet. In 27 Eiern ist deutlich ein Herz mit Adern drumherum zu sehen.
Auch das Durchleuchten am 16. Bruttag zeigt: 27 Eier mittlerweile voll ausgefüllt.

Jetzt heißt es Nerven und Ruhe bewahren bis zum 21. Tag.

8. Ein Zuhause für die Küken

Für jeden, der sich überlegt mal zur Anschauung für die Kinder ein paar Eier ausbrüten zu wollen, hier ein kleiner Hinweis:

Aus den Eier kommen Küken, die dann zu Hühnern werden. Wir haben 30 Eier eingelegt und werden (hoffentlich) vielleicht ca. 20 kleine Küken bekommen. Bevor man mit dem Brüten anfängt, muss man überlegen, ob und was man mit den Tieren später anfangen kann. Schließlich sind es Lebewesen und nicht irgendwelche Versuchstiere. Unser Nachwuchs wird bei Lucie Hasse und bei dem Opa von Sara Wagner ein Zuhause finden.

Die Entwicklung eines Kükens im Ei

In 21 Tagen wird aus der 4 mm großen Keimscheibe eines befruchteten Eies ein Küken:

1. Tag

Es sind noch keine Veränderungen zu erkennen

3. Tag

Auf dem Dotter bilden sich Blutgefäße, die den Embryo mit Nährstoffen aus Dotter und Eiklar versorgen, der aus der Keimscheibe hervorgeht.

5. Tag

Jetzt erkennt man die Keimscheibe, die sich leicht bewegt und die Luftkammer. Außerdem sieht man die Blutgefäße, die wie dünne Fäden aussehen.

6. Tag

Die Blutgefäße werden nun dichter und sehen beim Durchleuchten der Eier wie ein Spinnennetz aus.

12. Tag

Der Embryo hat sich mittlerweile sehr stark weiterentwickelt und ist sehr gewachsen. Im Prinzip ist seine Entwicklung schon fast abgeschlossen, allerdings füllt er noch nicht ganz die Hälfte des Eis aus. Von nun an sind in der Lage Geräusche wahrzunehmen.

14. Tag

Das Ei muss beim Durchleuchten nun dunkel wirken, nur die Luftblase an der stumpfen Seite des Eis leuchtet hell.

17. Tag

Nun durchsticht der Embryo die Ei-Membran und befindet sich dann mit Kopf und Schnabel außerhalb der übrigen Eimasse in der Luftkammer. Es atmet jetzt über die Lunge. Ab jetzt nimmt es die Glucklaute der Mutter wahr und prägt sie sich ein.

19. Tag

Die Küken kommunizieren mit der Mutter und auch untereinander durch Piepsen. Der Schlupf kann so praktisch "abgesprochen" werden. Bis zu zwei Stunden können die Küken den Schlupf hinauszögern, falls noch nicht alle soweit sind. Dies bringt vor allem in der freien Natur Vorteile, da die Küken alle gleichzeitig trocken sind und zusammen mit der Mutter das Nest verlassen können. Kurz vor dem Schlupf (dies kann am 19. oder 20. Bruttag sein) zieht das Küken den Dotter durch den Nabel ein. Dieser schließt sich darauf. Der Dotter kann das Küken 24 Stunden nach dem Schlupf mit Nährstoffen versorgen. Erst danach muss es selbst Nahrung aufnehmen.

20. Tag

Am 20. Bruttag sind die meisten Eier angepickt. "Angepickt" ist aber eigentlich der falsche Ausdruck, denn dazu ist zu wenig Platz im Ei. Bis kurz vor dem Schlupf liegt der Kopf des Kükens auf der Brust. Dann hebt das Küken den Kopf an und mit dem Eizahn, der vorne auf dem Schnabel sitzt, wird ein Loch in die Schale gedrückt. Durch kreisförmiges Drehen um die eigene Achse wird mit der Zeit die gesamte Schale durchbohrt. Das Küken stemmt sich dabei gegen die Eiwände. Durch ein Heben des Nackens wird letzendlich der Deckel abgetrennt.
Achtung: Die Glucke hilft den Küken beim Schlupf nicht. Deshalb sollten auch Sie Ihren Küken nicht helfen. Der Dotter wird, wie gesagt, erst kurz vor dem Schlupf durch den Nabel eingezogen. Der Nabel schließt sich darauf. Hilft man dem Küken nun, kann es sein, dass der Nabel noch nicht verschlossen ist. Man erkennt ihn in diesem Fall an einem blutigen Punkt am Bauch. Durch ihn können Krankheitskeime eindringen, die für das Eintagsküken lebensgefährlich sind.

21. Tag

Spätestens jetzt sollten alle Küken schlüpfen, sofern die Bruttemperatur gestimmt hat.


Technische Daten

Brutgerät:

Flächenbrüter ohne Wendeeinsatz der Firma Brutmaschinen-Janeschitz GmbH (ca. 20 Jahre alt, ähnliches Gerät gibt es aber immer noch)

für ca. 65 Hühnereier oder 55 Enten- und Puteneier oder 75 Fasanen- und Zwerghuhneier oder 32 Gänseeier oder über 170 große Wachteleier.

Gehäuse aus Thermalschaumplastik, mit zwei großen Sichtfenstern, Thermostat, Heizung 230 Volt Stromanschluß, Stromverbrauch nur ca. 16 Watt/Std.

Die Bruteier liegen auf einem Drahtrost. Unter dem Drahtrost befinden sich drei verschieden große Wasserrinnen.

Einstellbarer Regelbereich: ca. 31 - 41 °Celsius

Bruteier

Die gesammelten Bruteier müssen bis zur Bruteinlage korrekt gelagert werden. Selbst bei optimaler Lagerung nimmt die Bruttauglichkeit mit zunehmendem Alter der Bruteier ab. Die besten Brutergebnisse werden mit Eiern, die nicht älter als 10 Tage sind, erreicht. Die Lagerung soll in möglichst gleichbleibender Raumtemperatur zwischen 8 bis 12°C, höchstens 15°C bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 40 bis 50 % erfolgen.

Brutraum

Am besten eignet sich ein Brutraum, der unabhängig von Außentemperaturen, ein ausgeglichenes Klima aufweist und ausreichend mit Frischluft versorgt wird. Bei 15 bis 20°C liegt das optimale Brutraumklima. Das Brutgerät ist vor direkter Sonnenbestrahlung zu schützen.

Temperatur

Flächenbrüter (ohne Luftumwälzung) weisen ein mehr oder weniger großes Temperaturgefälle zwischen Eiober und -unterseite auf. Um genaue Meßwerte zu erhalten, ist das Brutthermometer so anzubringen, dass sich der Fühler unmittelbar an der Oberseite eines befruchteten Eis befindet.

Die Temperatur sollte bis zum 17. Bruttag bei 37,8°C liegen. In den letzten Tagen reicht dann eine Temperatur von 37,5°C aus, da hier die Küken in ihrer Schlupfphase eine hohe Eigentemperatur entwickeln.

Grundsätzlich können schon geringfügige Abweichungen von 2 bis 3°C über der normalen Bruttemperatur für die Brut verderblich sein. Gelegentliche Abweichungen nach unten gefährden die Brut weniger.

Luftfeuchtigkeit

Die richtige Luftfeuchtigkeit (Füllen der Wasserrinnen unter dem Drahtrost.) ist sehr wichtig, um das Austrocknen der Eier zu vermeiden. Die Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 50 und 60 % liegen. Ab dem 18. Tag sollte die Luftfeuchtigkeit gesteigert werden bis auf einen Maximalwert von 90 % am Schlupftag.

Wendung

Vom 3. bis zum 17. Tag sollte man mindestens 3 mal täglich die Eier drehen. Vergisst man das Wenden, kann man gleichzeitig auch seine Küken vergessen, denn dann "klebt" das teilweise entwickelte Küken an der Ei-Schale fest und stirbt ab.
Wir haben die Eier markiert. Auf eine Seite ein X und auf die andere ein 0. So wussten wir, welche Eier gedreht sind, und welche noch nicht.

Schieren

Ab dem 10. Tag kann man die Bruteier mit einer Schierlampe durchleuchten. Bei einem lebenden Ei kann man einen dunklen Punkt erkennen, von dem Blutäderchen weggehen. Ein unbefruchtetes Ei ist hell und lässt nur vage den Dotterschatten erkennen. Unbefruchtete Eier müssen entfernt werden, da sie den lebenden Eiern schaden und das Temperaturniveau durcheinanderbringen.


Bilder der ersten Lebenstage



4. Tag



7. Tag



13. Tag



13. Tag



Stand 13.06.2005

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